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Westfähliche Rundschau

Diana Damrau hat die Corona-Zeit für die Produktion eines Weihnachtsalbums genutzt. Mit ihrer Auswahl kommt sie bald nach Essen.

Was bringt einen Opernstar zu einer Weihnachts-CD? In der Corona-Zeit, verriet Sopranistin Diana Damrau (51) unserem Kulturredakteur Lars von der Gönna, habe sie die großen Belcanto-Opern zur Seite gelegt und gesucht, was ihr Ruhe gibt, und nach dem, was Zuhause bedeutet. Ein Gespräch übers Fest und die Lieder, die dazu gehören.

Gibt es die eine zentrale Erinnerung an Ihre Weihnacht als Kind?

Diana Damrau: Heiligabend war für mich unglaublich beeindruckend. Glücklich machte schon die Erwartung: wenn ich meine Platten mit Weihnachtsgedichten aufgelegt habe, von Schauspielern schön ge- sprochen. Oder die mit den Weihnachtsliedern – gar nicht opernhaft übrigens, sondern von Kindern gesungen, ganz natürlich. Ich saß auf dem Fenstersims, und diese Schallplatten haben ein Licht in mir angezündet, wenn es draußen dunkel war.

In Ihrer Heimat Bayerisch-Schwaben sind Sie stark mit christlichen Traditionen groß geworden…

Aber klar, mit Mama und Oma ging es am Sonntagmorgen in die Messe unserer prachtvollen Frauenkirche – ein Rokoko-Schmuckstück mit einer wunderbaren, beeindrucken- den romantischen Orgel. Dort hab ich die Musik wirklich an mich herangelassen und immer am liebsten gesungen. Damit haben Sie vielleicht die beiden Seiten, die mein Doppelalbum gespeist haben: Das festlich Kirchliche von Mozart und Bach, aber auch die Lieder, die jede Familie daheim singt.

Welche Werte verbinden Sie mit Weihnachten?

Das Zusammenkommen natürlich, auch wenn es manchmal erst ein Zusammenraufen ist (lacht). Und ganz sicher das Beschenken. Dabei geht es darum, die Verführungen und Zwänge, die uns und unsere Konsumgesellschaft ausmachen, zu umgehen und nicht Berge sinnloser teurer Dinge aufzuhäufen. Vielmehr geht es darum, sich die Frage zu stellen: Was genau macht demjenigen eine Freude – damit wird es ja wirklich ein Fest der Liebe, denn man gibt und beschenkt dadurch auch gleich sich selbst, und das ist dann ganz weit weg vom Konsum.

Weihnachts-Platten werden ja recht selten an Weihnachten aufgenom- men: Als Fritz Wunderlich und Hermann Prey einst ihr berühmtes Album einspielten, herrschte damals Affenhitze…

… bei mir auch (lacht). Und dann hat Corona die Produktion mächtig regiert mit tausend Vorsichtsmaßnahmen. Aber diese Musik und ihr spiritueller Gehalt haben so einen Sog, da kann das Wetter sein, wie es will. Gegen den Geist von Weihnachten können auch 40 Grad nichts ausrichten!

Es fällt beim Durchhören auf, dass Sie eine Auswahl ohne Rentier Rudolph und Jingle Bells getroffen haben…

Ganz bewusst! Weihnachten ist Tradition, ist Familie, ist Heimat. Es sollte ein Album sein, das meine Weihnachtsmusik spiegelt. Der deutsche Liedschatz ist so groß, vie- les davon ist fast vergessen.

Auch Sie haben ein fast vergessenes Lied auf der CD: „Weihnacht’ muss leise sein“ Ein Appell?

Das empfinde ich so, Weihnacht ist eine Einkehr, ein Fest der Liebe, des Lichts und der Hoffnung. Es geht ja auch ums Aufräumen in sich selbst vorher, um dann offen fürs Zusammensein mit anderen zu sein und sich gemeinsam zu freuen. Und um Pomp sollte es gar nicht gehen. Da wird ja kein reicher König gefeiert, sondern ein armes Kind, das in einer Krippe liegt – ein Retter der Welt durch Liebe.

Noch am 22. Dezember singen Sie in Essen, vorher in Stockholm, München, Hamburg, Wien. Wie schafft es eine Diana Damrau denn da, bis Heiligabend „leise“ zu werden?

Das ist dieses Jahr nicht schwer, ich schwelge und jubiliere, denn ich darf den Advent mit Weihnachtsmusik auf Tour verbringen. Ich sehe in der Zeit meine Familie und lauter Freunde an den verschiedensten Orten in Deutschland und Österreich. Ehrlich: Da ist die ganze Zeit schon Weihnachten.